Der Status der Kollaboration und Exklusivität
Aktuell finden sich Journalisten verschiedener Medien meist zusammen, wenn sie gemeinsame Interessen haben und die Arbeit ob der schieren Menge an Quellen oder der Komplexität gemeinsam bewältigt werden muss, wie beispielsweise beim Leak der Panama Papers. Trotzdem stellen sich dann sehr schnell Fragen wie: Wer veröffentlicht den Artikel zuerst und in welcher Form? Wer beleuchtet welchen Aspekt? Selbst also innerhalb etablierter Kollaborationsnetzwerke gibt es das Problem der Exklusivität. Wenn ich nicht als erster die brisantesten Informationen veröffentliche, büße ich Klicks oder Käufe und im Endeffekt Geld ein - was in Zeiten des versagenden Medienmarkts alles andere als im Interesse des Verlags ist.
Aus dieser Situation entstehende Probleme wie das der Exklusivität tauchen auch in anderen Prozessen journalistischer Arbeit auf, beispielsweise bei der Expertenauswahl. Meine Recherchen, Befragungen und Tests haben gezeigt, dass Experten oft eher nach Kriterien wie Verfügbarkeit und Exklusivität und weniger nach schwer einzuschätzender Kompetenz ausgewählt werden.
Andererseits stimmt jeder zu wenn man sagt, dass jeder Mensch die bestmöglichen Informationen, also Zugriff auf die größtmögliche Annäherung an die Wahrheit erhalten müsste, damit wir schnell Lösungen, Aufmerksamkeit und Mehrheiten für dringliche und globale Probleme finden. Hier stehen also mehrere Interessen im Gegensatz zueinander, oft von ein und den selben Akteuren.
"Dann ist der Markt um journalistische Informationen das falsche System", mag der Kritiker jetzt entgegnen. Nur ist nicht das grobe System ausschlaggebend für seine Effizienz oder Problembewältigungsfähigkeit, sondern die Art und Weise, wie genau darin agiert wird. Denn interessant ist, dass sich trotz der Widersprüchlichkeit zwischen Ideal und Realität bereits viele kooperative Verhaltensweisen in den Alltag von Journalisten eingefunden haben: Pressemitteilungen und -veranstaltungen, Onlinerecherche bei Konkurrenten/Kollegen oder die Nutzung von Informationsdiensten. Die Entwicklung in einen neuen Journalismus findet bereits statt, nur bedarf es der nächsten, großen Schritte, mit denen wir uns so schwer tun. Da es aktuell keine realistische Alternative zum System gibt, müssen sich visionäre Lösungsansätze darin einfügen, den Kunden in den Mittelpunkt stellen und um unumgängliche Hürden herum gestaltet werden.