Warum ist das schädlich?
Datenteams schauen sich die Inhalte an und werten Klicks und ähnliches aus. Daraus wird abgeleitet, was funktioniert. Man sieht dann jedoch immer nur die Inhalte, die man schon hat. Oder die, die Konkurrenz hat. Raum für wirklich Neues bleibt da wenig. Was gut klickt, sind meist polarisierende und sensationsheischende Artikel. Dabei würde die Leute noch so viel mehr interessieren. Diese Themen finden in den Medien aber kaum statt. Das ist eine schwierige Entwicklung, denn so sind Leser:innen von vielen Inhalten umgeben, die die Gesellschaft unnötig emotionalisieren oder gar spalten. Es wird keine Synthese aus Meinungen oder ein Konsens gesucht, sondern nur was gut klickt.
Das ist eine steile These...
Ich hab jahrelang tausende Artikel ausgewertet und versucht Muster zu erkennen, warum etwas gut läuft oder nicht. Bei 1E9 kann ich das ganze Wissen wegwerfen, weil sich zeigt, dass es auch anders geht. Ich war selbst verblüfft, welche Themen - auch aus der Nische - ein Publikum finden. Starnews oder ähnliche Boulevardthemen sind ja die klassischen Bringer von Reichweite. Wir haben aber nun oft Beiträge, die wären zehn bis zwölf Seiten lang, wenn man sie ausdruckt. Ein Beispiel ist ein Artikel über einen Architekten, der in den siebziger Jahren versucht hat, das Mittelmeer auszutrocknen. Der hatte innerhalb weniger Wochen über 120.000 Leser mit einer durchschnittlichen Verweildauer von knapp neun Minuten! Klar, das ist auch eine Frage der Ausspielchannels und etlicher weiterer Faktoren - aber dennoch. Das ist eine unglaubliche Zahl. Ich denke, wir trauen den User:innen zu wenig zu.