Werbung Adé?
Seit ein paar Jahren fokussieren sich viele Publisher auf ihre Leser, und Medienexperten proklamieren, dass Publisher mehr und mehr an den Beziehungen zu ihren Kunden gemessen werden. Das digitale Werbegeschäft gerät für viele Publisher zunehmend unter Druck. Die Strategie vieler Medienhäuser setzt gänzlich auf die digitale Ablösung des altbekannten Abo-Modells. 2018 waren schon 62 % der Befragten in den »Trends und Predictions« des Reuters Institute der Meinung, dass Display Advertising in Zukunft weniger wichtig wird, 10 % der Befragten planten bereits für eine Zukunft gänzlich ohne Display Advertising. In der Ausgabe für 2020 der »Trends and Predictions« bestätigt sich dieses Bild. 50 % der Publisher setzen voll auf direkte Einnahmen von Lesern und sehen diese als primäre Umsatzquelle an.
Auch aktuelle Entwicklungen in der Corona-Krise schlagen in dieselbe Kerbe. Die New York Times konnte beispielsweise im ersten Quartal 2020 etwa 600.000 neue Digital-Abonnenten gewinnen. Gleichzeitig brechen aufgrund aktueller Restriktionen Werbeerlöse aus vielen Wirtschaftsbereichen weg. Diese Erfahrung machen aktuell wohl die meisten Medienhäuser auf die eine oder andere Art und Weise.
Aus meiner Sicht ist die strategische Fokussierung auf die Community und damit die Leser der berühmte „Schritt in die richtige Richtung“. Auch die anderen R&D-Fellows im aktuellen Batch beschäftigen sich überwiegend damit, User mit noch besserem Content zu versorgen. Die Frage, die aber bleibt, ist: Hat Werbung in digitalen Sphären wirklich ausgedient? Sehen wir in absehbarer Zeit bei vielen Publishern gar keine Werbung mehr? Überlassen Publisher neuen Content-Providern, wie Influencern und großen Werbeplayern (GAFA & Co.) das Feld komplett? Wird es immer mehr Modelle geben, Werbung komplett auszuschließen, wie die PUR-Abos einiger Medienhäuser andeuten?
Manchmal muss man gegen den Strom schwimmen. In meinem R&D-Fellowship versuche ich (technische) Lösungsansätze für Publisher zu entwickeln, um Werbeerlöse als Erlösquelle zurückzugewinnen. Und das alles im Einklang mit der wertvollen Kundenbeziehung und der herausfordernden Marktsituation (in Bezug auf Wettbewerb und Regulation). Es geht um Balance.