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29. Mai 2020
Media Research & Development

Eine Frage der Balance - die Zukunft von Werbung für digitale Publisher

Eine Frage der Balance - die Zukunft von Werbung für digitale Publisher

 

Hat Werbung als Geschäftsmodell für Publisher im Digitalen ausgedient? Gibt es (technische) Möglichkeiten für Publisher anders auf ein herausforderndes Marktumfeld zu reagieren? Mit diesen Fragen beschäftigt sich David Winkens im Batch #2 unseres R&D Fellowships.

Background

Mein Name ist David, ich arbeite, lerne und lebe in München. Seit einigen Jahren bin ich als Berater rund um das Thema Digitalisierung unterwegs und durfte in der Medienbranche viele der größten Publisher in Deutschland, Österreich und der Schweiz schon einmal „von innen sehen“. Parallel studiere ich (Master of Business Administration, Philosophie) und arbeite in Forschungsprojekten (Human-AI-Interaction). Das R&D-Fellowship ist für mich die Chance in Bezug auf die Medienlandschaft bewusst mal wieder einen Schritt nach hinten zu machen, um den „Wald“ wieder als Ganzes betrachten zu können.

Werbung Adé?

Seit ein paar Jahren fokussieren sich viele Publisher auf ihre Leser, und Medienexperten proklamieren, dass Publisher mehr und mehr an den Beziehungen zu ihren Kunden gemessen werden. Das digitale Werbegeschäft gerät für viele Publisher zunehmend unter Druck. Die Strategie vieler Medienhäuser setzt gänzlich auf die digitale Ablösung des altbekannten Abo-Modells. 2018 waren schon 62 % der Befragten in den »Trends und Predictions« des Reuters Institute der Meinung, dass Display Advertising in Zukunft weniger wichtig wird, 10 % der Befragten planten bereits für eine Zukunft gänzlich ohne Display Advertising. In der Ausgabe für 2020 der »Trends and Predictions« bestätigt sich dieses Bild. 50 % der Publisher setzen voll auf direkte Einnahmen von Lesern und sehen diese als primäre Umsatzquelle an.

Auch aktuelle Entwicklungen in der Corona-Krise schlagen in dieselbe Kerbe. Die New York Times konnte beispielsweise im ersten Quartal 2020 etwa 600.000 neue Digital-Abonnenten gewinnen. Gleichzeitig brechen aufgrund aktueller Restriktionen Werbeerlöse aus vielen Wirtschaftsbereichen weg. Diese Erfahrung machen aktuell wohl die meisten Medienhäuser auf die eine oder andere Art und Weise.

Aus meiner Sicht ist die strategische Fokussierung auf die Community und damit die Leser der berühmte „Schritt in die richtige Richtung“. Auch die anderen R&D-Fellows im aktuellen Batch beschäftigen sich überwiegend damit, User mit noch besserem Content zu versorgen. Die Frage, die aber bleibt, ist: Hat Werbung in digitalen Sphären wirklich ausgedient? Sehen wir in absehbarer Zeit bei vielen Publishern gar keine Werbung mehr? Überlassen Publisher neuen Content-Providern, wie Influencern und großen Werbeplayern (GAFA & Co.) das Feld komplett? Wird es immer mehr Modelle geben, Werbung komplett auszuschließen, wie die PUR-Abos einiger Medienhäuser andeuten?

Manchmal muss man gegen den Strom schwimmen. In meinem R&D-Fellowship versuche ich (technische) Lösungsansätze für Publisher zu entwickeln, um Werbeerlöse als Erlösquelle zurückzugewinnen. Und das alles im Einklang mit der wertvollen Kundenbeziehung und der herausfordernden Marktsituation (in Bezug auf Wettbewerb und Regulation). Es geht um Balance.

Die Downside

Dieses Problem kann ich sicher nicht vollständig lösen. Höchstens gelingt es mir durch meinen Beitrag die Waage zumindest ein kleines Stück in die richtige Richtung zu bewegen. Vielleicht gelingt es mir aber auch nicht.

Die Upside

Sollte mein Vorhaben nicht gelingen, so entstehen vielleicht zumindest weitere gute Gründe für Publisher viel Zeit und Aufwand in die Pflege der Beziehung zu ihrer Audience bzw. Community zu stecken.

Fokus

Die Platzierung von Werbung im richtigen Kontext soll dabei als Ankerpunkt im Fokus stehen. Durch Datenschutz und sinkende Nutzerakzeptanz geraten viele Formen der Platzierung, die in den letzten Jahren erfolgreich waren zunehmend unter Druck. Die so wichtige Beziehung zum Nutzer ist gefährdet. Zudem kann die Marke des Publishers und des Werbetreibenden durch problematische Kombinationen von Content und Werbung erhebliche Schäden nehmen. Klar ist aber auch, dass ein Weg zurück zu alten Print-Logiken (z.B. manuelle Platzierung der Werbung abhängig von Titel oder Ressort) im digitalen Bereich absehbar limitiert ist.

Ein möglicher Ansatz stammt aus einer Recherche zum Einsatz von Artificial Narrow Intelligence (ANI) bei Nachrichtenmedien, die ich im Rahmen einer Abschlussarbeit durchgeführt habe. Aus den über 150 betrachteten Fällen drehen sich zwar nur einige wenige um Werbung. Sie alle teilen aber einen gemeinsamen Ansatz: Mit Hilfe von ANI Daten und dabei insbesondere Content-Daten intelligenter nutzen, um Unabhängigkeit von bestehenden Marktmechanismen zu gewinnen.

Ausblick

Zunächst versuche ich durch Recherchen und Interviews noch mehr über den aktuellen Blick der Publisher auf die digitale Werbevermarktung zu lernen. Ich kenne die Perspektive einiger Kunden und ausgewählter Experten. Hier gilt aber: je mehr, desto besser. Zudem möchte ich alle Stakeholder in den Blick nehmen (Reminder: Es geht um Balance). Werbekunden entscheiden letztlich darüber, wo Anzeigen platziert werden. Auch Leser haben eine Meinung zu störenden Cookie-Bannern und Targeting. Auch Journalisten als maßgeblich Beteiligte beim Aufbau der Beziehung zur Community können wertvollen Input leisten.

Ansonsten bleibt mir nichts anderes zu sagen als: Danke an das Media-Lab-Team für diese großartige Möglichkeit und die Unterstützung und viel Erfolg an meine Fellows.

Du hast Input zum Thema und möchtest dich austauschen? Melde dich gerne bei hi@media-lab.de oder bei David direkt.

Du bist neugierig auf das R&D Fellowship geworden? Hier kannst du mehr Erfahren.

Text: David Winkens
Bild: Loic Leray on Unsplash
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