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Abschlussarbeiten im Media Lab | 18.09.2025

Wie Journalism Innovation Labs innovativer zusammenarbeiten können

Innovationen scheitern nicht an Ideen, sondern daran, dass wertvolles Wissen undokumentiert und damit ungenutzt bleibt. Ein Prototyp zeigt, wie Labs Erfahrungen strukturieren und für andere zugänglich machen können – für mehr nachhaltige Innovation.

Wissen ist für Innovation unverzichtbar

Wissen ist die zentrale Ressource für Innovation. Neue Ideen entstehen selten aus dem Nichts, sondern bauen in der Regel auf Erfahrungen, Beobachtungen und Erkenntnissen aus unterschiedlichen Quellen auf. In der Forschung heißt dieser Prozess Wissensrekombination – dazu weiter unten mehr.

In Journalism oderMedia Innovation Labs bedeutet das, vorhandenes technisches, organisatorisches und journalistisches Wissen so zu verbinden, dass daraus neue Formate und Arbeitsweisen entstehen können. Damit dieser Prozess funktioniert, müssen verschiedene Wissensarten zugänglich und miteinander kombinierbar sein. Die Forschung unterscheidet beispielsweise zwischen deklarativem Wissen (Know-about), prozeduralem Wissen (Know-how) und kausalem Wissen (Know-why). Für die Arbeit in interdisziplinären Teams sind außerdem Kenntnisse über Zusammenarbeit und Abläufe entscheidend. All diese Wissensarten müssen dokumentiert und auffindbar sein, um im Innovationsprozess Wirkung zu entfalten. Fehlt die Dokumentation, bleiben Erkenntnisse fragmentiert und Projekte drohen eher ins Leere zu laufen, weil sie auf längst vorhandene Erfahrungen verzichten.

Die größten Hürden in der Dokumentation von Wissen in den Labs

Interviews mit Innovation Manager:innen von SWR X Lab, MDR next, Ida und BR AI + Automation Lab und die wissenschaftliche Auseinandersetzung machten deutlich, dass die Dokumentation von Wissen eine der größten Herausforderungen darstellt. Obwohl in diesen Labs kontinuierlich neue Formate, Prototypen und Methoden entstehen, fehlt es an manchen Stellen an verlässlichen Strukturen, um die damit verbundenen Erfahrungen langfristig festzuhalten.
Ein zentrales Problem ist dabei die Zerstreuung über verschiedene Tools. Wissen landet häufig parallel in Miro, MS Teams, SharePoint oder anderen Plattformen. Ebenso fehlen einheitliche Standards, sodass Informationen schwer auffindbar und oft nur punktuell gesichert sind. Hinzu kommen fehlende Vorgaben, Richtlinien oder Standards. Ob und wie Dokumentation stattfindet, hängt meist von der Motivation einzelner Personen ab. Manche Teams nutzen digitale Whiteboards intensiv, andere setzen eher auf die mündliche Weitergabe in Meetings. Eine einheitliche Struktur, die Orientierung gibt, erhöht jedoch sowohl die Qualität als auch die Quantität von dokumentiertem Wissen.

Die Interviews zeigten auch, dass Dokumentation häufig ohne Wirkung bleibt, wenn sie schwer zugänglich ist. Statt nachhaltiger Wissensspeicherung entstehen Ablagen mit wichtigen Informationen, die schnell in Vergessenheit geraten.

Ein Prototyp für strukturierte Wissensdokumentation

Um die Defizite in der Dokumentation sichtbar zu machen, habe ich einen Prototyp entwickelt, der Wissen in Media Innovation Labs strukturiert und dauerhaft nutzbar machen kann. Kern des Prototyps ist eine Eingabemaske, die den Usern klare Vorgaben macht, sodass jeder Eintrag alle wichtigen Kernpunkte wie das Projektthema, die Zielgruppe sowie Lessons Learned und mögliche Blocker erfasst. Ergänzend können die User auch Kategorien, Schlagwörter und Verlinkungen zu externen Tools hinterlegen. Ziel ist es, eine Datenbank zu erhalten, die sowohl deklaratives Wissen, also wie eine Technologie funktioniert, als auch Erfahrungswissen erfasst. Das gesamte Wissen bündelt sich in einem Eintrag und nicht über verschiedene Projekte und Tools hinweg.

Auf diese Weise erfährt die Dokumentation von Wissen eine ausreichende Tiefe, ohne dass die Übersicht verloren geht. Standards und Strukturen sind hier entscheidend, weil sie Vergleichbarkeit schaffen und allen Beteiligten Orientierung geben.

Die Übersicht für Einträge zeigt viele vorgegebene Kategorien, wie Keywords oder Beschreibung.
Zentral in der erfolgreichen Dokumentation ist es, Standards und Vorgaben zu machen, damit alle relevanten Informationen vorhanden sind.

Ein zentrales Feature ist die Möglichkeit, Inhalte gezielt zu durchsuchen und nach Schlagworten oder Kategorien zu filtern. Nur so lässt sich Wissen schnell auffinden und Teams sehen schnell, welche Erfahrungen andere Teams in ähnlichen Projekten bereits gesammelt haben. Gerade auch gescheiterte Projekte liefern wertvolle Hinweise, die andere vor denselben Fehlern bewahren können.

Darüber hinaus verdeutlicht der Prototyp eine Vision, die weit über die einzelnen Labs hinausgeht: eine gemeinsame Wissensdatenbank, in der öffentlich-rechtliche Innovationseinheiten ihre Erfahrungen teilen, um Synergien zu schaffen.

Die Startseite ist eine einladende Oberfläche mit verschiedenen Möglichkeiten
Die Startseite zeigt einen ersten Überblick über aktuelle Wissenseinträge und dient auch zum „stöbern“, damit Wissen aktuell auch aktuell bleibt.

Warum es jetzt um mehr als ein einzelnes Tool geht

Der entwickelte Prototyp ist nicht als fertige Lösung gedacht. Er zeigt exemplarisch, wie eine strukturierte Dokumentation aussehen und wie vergleichbares, anschlussfähiges Wissen entstehen kann. Letztendlich entscheidet die Dokumentation über die Innovationsfähigkeit von Media Innovation Labs.

Die weiter oben erwähnte Theorie zur Rekombination von Wissen unterstreicht diese Erkenntnis. Innovation entsteht nicht isoliert, sondern durch die Kombination verschiedener Wissensarten, von technischem Know-how über organisatorische Erfahrungen bis hin zu kausalem Wissen über das Warum hinter einer Entscheidung. Ohne eine Dokumentation dieses Wissens fehlt die Grundlage für Rekombination. Bei einer systematischen Sicherung hingegen können Teams auf vorhandenen Erfahrungen aufbauen und Neues schaffen, ohne bei null beginnen zu müssen.

Der Prototyp zeigt damit in kleiner Form, was in der gesamten Branche nötig ist. Für die Medienhäuser lassen sich mehrere zentrale Takeaways ableiten:

  1. Dokumentation sollte institutionalisiert werden. Wissenssicherung darf kein Nebenprodukt sein, sondern fester Bestandteil jedes Innovationsprozesses.
  2. Dokumentation sollte so gestaltet sein, dass sie Rekombination ermöglicht. Nur wenn Wissen strukturiert erfasst ist, lassen sich neue Ideen aus bestehenden Erfahrungen entwickeln.
  3. Medienhäuser sollten über die Grenzen einzelner Labs hinausdenken. Viele Innovationseinheiten arbeiten an ähnlichen Fragen. Ein systematischer Austausch von Wissen zwischen den Labs könnte Synergien schaffen, Doppelarbeit vermeiden und die Rekombination stärken.
  4. Teams sollten bestehende Tools konsequent nutzen. Es braucht nicht zwingend neue Software, sondern eine klare Struktur und verbindliche Nutzung der vorhandenen Werkzeuge. Eine Reduzierung der Tools für die letztendliche Langzeitdokumentation kann Wissens-Silos verhindern und den Zugang sowie die Auffindbarkeit von Wissen erleichtern.
  5. Eine offene Fehlerkultur ist entscheidend. Auch gut dokumentierte Projekte, die nicht erfolgreich waren, enthalten wichtige Einsichten und können die Innovationsfähigkeit langfristig steigern.

Wissen ist eine strategische Ressource, die wir nur nutzen können, wenn wir entsprechende Strukturen schaffen. Erst wenn Dokumentation, Rekombination und Austausch selbstverständlich ineinandergreifen, können Media Innovation Labs ihr Potenzial für den digitalen Wandel im Journalismus voll entfalten.

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Artikel written by

Anja Heder

Anja Heder studierte im Bachelor Kommunikationswissenschaft und auch als der Fokus in ihrem Master Computing in the Humanities auf Angewandter Informatik lag, lies die Begeisterung für den Journalismus nicht nach. Der rasante digitale Wandel sowie der zunehmende Druck auf die Medienbranche, sich auf neuen Plattformen mit innovativen Formaten stark zu machen, um unsere Demokratie zu erhalten, rufen nach Innovationen. Die Frage, wie Innovation im Journalismus erfolgreich gelingen kann, führte sie zum Thema ihrer Masterarbeit.

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