Abschlussarbeiten im Media Lab | 15.08.2025
Museen neu erleben mit Virtual Reality

Wie fühlt sich Geschichte an, wenn sie zum Greifen nah scheint? Virtual Reality hält Einzug in Museen und macht historische Räume erlebbar. Was bedeutet das für die Zukunft der Kulturvermittlung? Und können immersive Welten klassische Museumsformate erweitern oder gar ablösen?
Warum Museen neue Wege gehen sollten
Museen vermitteln teils schon seit Jahrhunderten Kunst, Kultur und Geschichte. Doch die Herausforderung, komplexes Material anschaulich zu gestalten und auch jüngere, an eine digitale Welt gewohnte Menschen zu begeistern, wächst stetig.
Vor allem jüngere Menschen, die bereits mit interaktiven Medien aufwachsen, erwarten mehr als Informationstafeln und Vitrinen. Traditionelle Ausstellungen stoßen hier an ihre Grenzen – interaktive Erlebnisse, digitale Möglichkeiten und neue Technologien gewinnen an Bedeutung. Und wäre es nicht faszinierend, eine historische Stätte zu besuchen, anstatt nur darüber zu lesen?
Das ist längst Realität: Virtual Reality (VR) ermöglicht es mithilfe einer VR-Brille, digitale Räume – wenn auch nur virtuell – realitätsnah zu betreten. Damit habe ich mich in meiner Bachelorarbeit beschäftigt: Mithilfe von VR habe ich eine 3D-Rekonstruktion einer antiken römischen Küche erstellt, die im Limeseum im Römerpark Ruffenhofen ausgestellt werden soll.
Virtuelle Realität trifft historische Realität
Ganz neu ist die Idee, einen historischen Ort mit Hilfe von VR wieder aufleben zu lassen, nicht: Es gibt schon einige Projekte – etwa die Rekonstruktionen von Duisburg im Jahr 1566, Stade im Jahr 1620 oder auch das Projekt „Viking VR“, bei dem ein Wikingerlager aus dem 9. Jahrhundert für eine britische Museumsausstellung nachgebaut wurde.
Der Vorteil dieser neuen Ausstellungsformate liegt auf der Hand: Statt vor einer Schautafel mit Infotext zu stehen, können Besucher:innen durch historische Orte in ihrer Originalgröße wandern – unabhängig von Zeit und Raum. Das ist vor allem spannend bei Orten, von denen heute kaum noch etwas übrig ist.
Das war auch meine Motivation für die Entwicklung einer VR-Anwendung. Die Rekonstruktion einer antiken römischen Küche zeigt, wie VR-Technologie und 3D-Modelle vergangene Lebenswelten erfahrbar machen: Nutzer:innen können sich frei im Raum bewegen, mit Objekten interagieren, Details untersuchen und so ganz anders in das römische Alltagsleben eintauchen, als es in einem herkömmlichen Museum möglich wäre.

Immersives Lernen: Chance oder Hype?
Doch fördern immersive Medienformate tatsächlich das Lernen? Studien zeigen: Besonders bei räumlichen Zusammenhängen oder komplexen Inhalten kann immersives Lernen mit VR-Headsets hilfreich sein. Lernende, die Schwierigkeiten haben, sich abstrakte Inhalte vorzustellen, profitieren besonders von realistischen Umgebungen und der Möglichkeit, mit Gegenständen direkt zu interagieren.
Aber: Manche Studien zeigen gegenteilige Effekte – vor allem, wenn die Inhalte überladen oder schlecht gestaltet sind. Die größte Stärke von Virtual Reality liegt also nicht im Wow-Effekt, sondern in durchdacht gestalteten Lernerfahrungen. Dann kann VR das Lernen nicht nur anschaulicher, sondern auch nachhaltiger machen.
Grenzen der virtuellen Rekonstruktion
Ob immersive Welten zukünftig fester Bestandteil von Bildungseinrichtungen werden, wird sich zeigen. Fest steht: Museen nutzen digitale Medien bereits jetzt und technische Hürden und Kosten sinken immer weiter, sodass VR-basierte Lösungen auch für kleinere Bildungseinrichtungen zunehmend erschwinglich sind.
Wichtig dabei: Historische Rekonstruktionen in VR basieren oft auf Annahmen, weil nicht alle Details bekannt sind. Das kann schnell den Eindruck erwecken, man sehe die „echte“ Vergangenheit – obwohl es sich eigentlich nur um eine fundierte Interpretation handelt. Ein transparenter Umgang mit Wissenslücken und Unsicherheiten ist deshalb umso wichtiger.
Auch Museumsfachleute betonen: Virtuelle Rekonstruktionen sollten echte Objekte nicht ersetzen. Originale haben eine eigene Wirkung und machen Geschichte auf eine Weise greifbar, die kein digitales Medium vollständig leisten kann.
Kulturvermittlung im Wandel
Das Museum der Zukunft wird also höchstwahrscheinlich kein leerer Raum voller virtueller Projektionen sein. Und dennoch bieten immersive Medien ein großes Potenzial für die Kulturvermittlung – vorausgesetzt, sie werden reflektiert und didaktisch sinnvoll eingesetzt.
Durch sie können Besucher:innen aktiv in eine Welt eintauchen und diese erleben. Das verändert nicht nur das Lernerlebnis, sondern auch die Rolle des Museums: vom Ort der reinen Wissensvermittlung hin zu einem Raum für persönliche Erfahrungen.
Die Kulturvermittlung steht damit an einem spannenden Wendepunkt: Wer Virtual Reality gezielt einsetzt, kann neue Zielgruppen erreichen, komplexe Inhalte anschaulicher machen und das Museumserlebnis nachhaltig verändern. Die Museen der Zukunft könnten dadurch vielfältiger, inklusiver und immersiver werden – und damit relevanter denn je.
Jenny hat nun das Förderprogramm für Abschlussarbeiten durchlaufen. Du hast auch ein spannendes Thema? Melde dich bei uns!