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Abschlussarbeiten im Media Lab | 19.12.2025

Chatbots: Zwischen Automatisierung und menschlicher Nähe

Chatbots prägen zunehmend den digitalen Kundenservice von Medienangeboten. Doch wann reicht Automatisierung aus – und wann braucht Kommunikation menschliche Nähe? Ein Blick darauf, wie verschiedene Chatbot-Modelle Informationsbedürfnisse erfüllen und Vertrauen im digitalen Raum sichern.

Warum Chatbots im Kundenservice an Bedeutung gewinnen

Digitale Medienangebote sind heute mehr als reine Inhalte. Sie bilden komplexe Informationsräume, in denen Nutzer:innen Orientierung suchen, Entscheidungen treffen und Service erwarten. Fragen zu Abonnements, Zugängen, Inhalten oder technischen Problemen gehören längst zum Alltag digitaler Mediennutzung.

Chatbots treten in diesem Kontext als erste Ansprechpartner auf. Sie empfangen Anfragen, leiten weiter, beantworten Fragen – oft schneller und niederschwelliger als klassische Kontaktkanäle. Ihre Funktion: Informationsbedürfnisse strukturieren. Sie machen Angebote zugänglich, bündeln Wissen und reduzieren Reibung im Nutzungserlebnis. Besonders bei wiederkehrenden, klar umrissenen Anliegen überzeugen sie durch Geschwindigkeit und Verlässlichkeit.

Für Medienhäuser bedeutet das nicht nur Effizienzgewinne, sondern auch neue Möglichkeiten, Nutzer:innen früh im Nutzungspfad abzuholen. In dieser Branche, die stark von Aktualität, Skalierbarkeit und Nutzungszahlen geprägt ist, erscheinen automatisierte Dialogsysteme als logische Konsequenz.

Doch diese neue Form der digitalen Nähe bleibt ambivalent. Denn Information ist nicht gleich Kommunikation. In meiner Masterarbeit habe ich deshalb untersucht, wie sich die digitale Informationsvermittlung dadurch verändert – und welche Rolle dabei weiterhin der Mensch spielt.

Stärken und Grenzen automatisierter Chatbots

Automatisierte Chatbots sind darauf ausgelegt, Informationen bereitzustellen – korrekt, konsistent und möglichst effizient. Sie funktionieren gut in standardisierten Situationen, in denen Anliegen klar formuliert und Lösungen eindeutig sind.

In vielen Fällen reicht das aus. Wer wissen möchte, wie ein Abo geändert wird oder warum ein Artikel nicht abrufbar ist, erwartet vor allem eines: eine schnelle Antwort. Hier erfüllen Chatbots ihre Aufgabe zuverlässig und oft zur Zufriedenheit der Nutzer:innen.

Problematisch wird es dort, wo Informationsbedürfnisse komplexer werden. Medienangebote sind eng mit Vertrauen, Glaubwürdigkeit und persönlicher Bindung verknüpft. Nutzer:innen wenden sich nicht nur mit sachlichen Fragen an Medienhäuser, sondern auch mit Frustration, Kritik oder Unsicherheit. Sie reagieren auf Inhalte, fühlen sich missverstanden oder suchen Einordnung.

Automatisierte Systeme stoßen in solchen Momenten an Grenzen. Sie erkennen Schlüsselwörter, aber nicht immer die Intention dahinter. Sie liefern Antworten, aber kein Verständnis.

Gerade an diesen Grenzen setzen sogenannte Human-in-the-Loop-Systeme an, die automatisierte Chatbots um die Möglichkeit menschlicher Intervention ergänzen. Sie sollen sicherstellen, dass Nutzer:innen bei komplexeren oder sensiblen Anliegen nicht im automatisierten Dialog verharren, sondern an menschliche Ansprechpartner:innen übergeben werden.

Human in the Loop: Nähe, Vertrauen und Verantwortung

Vor diesem Hintergrund wird häufig angenommen, dass hybride Chatbot-Modelle mit menschlicher Beteiligung automatisch zu einer höheren Nutzerzufriedenheit führen. Die Ergebnisse meiner Masterarbeit zeichnen ein differenzierteres Bild: Die wahrgenommene Zufriedenheit der Nutzer:innen unterscheidet sich insgesamt nicht signifikant zwischen rein automatisierten Chatbots und Human-in-the-Loop-Systemen.

Das bedeutet nicht, dass der Mensch in der digitalen Kommunikation überflüssig geworden ist – wohl aber, dass seine Rolle präziser gedacht werden muss. Nutzer:innen bewerten automatisierte Chatbots durchaus positiv, insbesondere wenn diese schnell reagieren, verständlich formulieren und Prozesse vereinfachen. In vielen Informationssituationen reicht das aus, um Erwartungen zu erfüllen.

Gleichzeitig zeigen sich Unterschiede weniger im Ob, sondern im Wie der Kommunikation. Menschliche Ansprechpartner:innen bringen Fähigkeiten ein, die sich nicht vollständig automatisieren lassen: Kontextverständnis, situatives Reagieren und vor allem der Umgang mit Unsicherheit, Kritik oder komplexeren Anliegen. Diese Aspekte wirken sich nicht zwingend auf die Gesamtzufriedenheit aus, prägen aber die Qualität einzelner Interaktionen – insbesondere dann, wenn Kommunikation mehr ist als reine Informationsvermittlung.

Hybride Chatbot-Modelle, bei denen automatisierte Systeme bei Bedarf an Menschen übergeben, eröffnen hier einen Mittelweg. Der Mensch fungiert nicht als Ersatz für KI, sondern als gezielte Ergänzung, die dort eingreift, wo Standardisierung an ihre Grenzen stößt. Entscheidend ist dabei nicht die ständige Präsenz menschlicher Kommunikation, sondern ihre strategische Verfügbarkeit.

Für Medienunternehmen ergibt sich daraus eine wichtige Erkenntnis: Die Wahl des Chatbot-Modells ist weniger eine Frage der Nutzerzufriedenheit als eine Frage der kommunikativen Haltung. Chatbots können als effiziente Schnittstelle für Orientierung und Service funktionieren – ohne zwangsläufig Vertrauen zu untergraben. Problematisch wird es, wenn automatisierte Systeme zur alleinigen Kommunikationsinstanz werden – auch dort, wo Dialog, Einordnung oder Reaktion gefragt sind.

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Artikel written by

Sina Geiger

Sina Geiger hat ihren Master im Studiengang Digital Marketing an der Hochschule Ansbach abgeschlossen und zuvor Kommunikationswissenschaft an der Universität Hohenheim studiert. Während ihres Studiums arbeitete sie im Bereich Online-Kommunikation und setzt sich inhaltlich mit digitalen Kommunikationsformen auseinander, insbesondere mit dem Einsatz von Künstlicher Intelligenz.

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