Lab News | 03.06.2020

Was fehlt in der Klimaberichterstattung?

 

Ich arbeite als freie Journalistin mit den Schwerpunkten Klimakrise und sozial-ökologische Transformation. Bei “Rocking Science Journalism” habe ich mich beworben, weil ich den Eindruck hatte, Klimaberichterstattung ist zu negativ.

Die Erkenntnisse der Wissenschaft dazu, was passieren müsste, um die Klimakrise zu bekämpfen und die Maßnahmen, die die Politik umsetzt, liegen weit auseinander. Eine Berichterstattung, die auf diese Diskrepanz hinweist, ist wichtig. Das führt aber auch dazu, dass der Fokus sehr negativ ist und mögliche Lösungen und konstruktive Ansätze nicht genug Beachtung finden. Forschung dazu, wie unsere Gesellschaft gerechter und ökologischer werden könnte, geht in der negativen Berichterstattung oft unter.

In unserem ersten Workshop bei Rocking Science Journalism haben wir gelernt, den Fokus auf die Nutzer*innen zu legen. Das heißt: Viele Interviews führen und versuchen, nicht nach der Lösung zu fragen, sondern nach dem Problem.

Ich sprach mit elf Menschen darüber, wie sie sich zur Klimakrise informieren und was ihnen fehlt in der Berichterstattung. Viele sagten, sie würden sich noch mehr Artikel über Lösungen wünschen.

“Mir fehlen Artikel, die Utopien und Lösungsansätze beschreiben. Die sind zu wenig und nicht stark genug.” - Florian, 27

Doch bei vielen Interviews schwang noch etwas anderes mit: ein Gefühl der Ohnmacht und Hilflosigkeit. In unserem Workshop hatten wir gelernt, dass wir nach dem “Pain” suchen sollen. Welches Problem haben die Nutzer*innen? Ich sah das erstmal im übertragenen Sinn, aber in den Interviews hörte ich einen wirklichen Schmerz heraus. Mehrere sagten, dass sie manchmal eine Pause machen müssten und ein paar Tage überhaupt keine Nachrichten konsumieren, weil die Klimakrise sie überfordere.

“Als letztes Jahr das Klimapaket durch den Bundestag gegangen ist, hat mich die Berichterstattung über das Tagespolitische stark runtergezogen. Seitdem habe ich meinen Medienkonsum zurückgefahren.” - Marek, 28

Wenn viele Medien für Menschen, die sich mit der Klimakrise beschäftigen, bisher hauptsächlich Überbringer schlechter Nachrichten sind - können sie nicht auch mehr dazu beitragen, diese Menschen wieder aufzufangen?

Nun arbeite ich an der Idee für ein journalistisches Format, das auf die Emotionen von Menschen eingeht, die sich durch die Klimakrise überfordert fühlen. Wie gehen Menschen bisher mit diesen Emotionen um? Was hilft ihnen? Das sind Kernfragen, die ich in der nächsten Interviewrunde stelle.

Mit den Ergebnissen entwickle ich einen Prototypen und werde wieder mit Menschen darüber sprechen, was ihnen daran gefällt, was sie nervt. Mein Ziel ist, am Ende einen Entwurf zu haben, der schon durch ein paar Feedbackschleifen gegangen ist. Auf jeden Fall hoffe ich, mehr darüber zu lernen, was Klimajournalismus in diesen Zeiten leisten muss und wie er Menschen da abholen kann, wo sie stehen.

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