Ein Gastbeitrag von Cornelia Heisig
München, Februar 2019 Ich sitze in der der U-Bahn, neben mir sitzen zwei Mädchen im Teenageralter. Aus ihrem Handy erklingt alle 10 bis 15 Sekunden ein neues Lied, ein schrilles Gelächter oder unverständliche Laute. Dass die lärmende Geräuschkulisse in dieser Lautstärke total nervt, fällt ihnen dabei gar nicht auf. Fast schon hypnotisiert starren die beiden Teenager auf ihren Handybildschirm, während ihre Daumen in schwindelerregender Geschwindigkeit darüber fliegen.
Ich bin hin- und hergerissen zwischen Faszination und kurzen Schock-Momenten. Neugierig frage ich die Mädels, was sie sich da anschauen. Mit einer Mischung aus Unverständnis und Arroganz mustern mich zwei ungläubig dreinblickende Augenpaare. Fast gleichzeitig blaffen sie mir recht schnippisch „TikTok“ entgegen, um im nächsten Augenblick wieder mit ihrem Handybildschirm zu verschmelzen.
Offensichtlich habe ich einen Trend völlig verpasst, obwohl ich bei Social Media doch sonst immer von allem Bescheid weiß.
München, Sommer 2020 Mittlerweile weiß die Welt sehr gut, was TikTok ist und die Zahlen sprechen für sich. Die App ist mittlerweile mit 100 Mio. Nutzern in Europa und 800 Mio. Nutzern weltweit besonders in der Generation Z mit einem Anteil von 69% absolut beliebt. Und auch Firmen wollen immer öfter bei TikTok dabei sein.
Da liegt es auf der Hand, dass ich in meinem Job als Marketing- und Social-Media-Beraterin stetig den Wunsch von Firmen höre, dort vertreten sein zu wollen. Meine erste Frage ist in diesem Fall immer, was genau sich die Firma von der Präsenz auf TikTok erhofft. Denn oft geht es Firmen nur darum, dabei zu sein. Es wird sich oft keine Zeit genommen zu verstehen, welcher Inhalt bei der Zielgruppe funktioniert. Und auch die Frage, warum sich am Ende eine Idee im Firmenmarketing durchgesetzt hat, die von der Zielgruppe nicht ansatzweise adaptiert wurde, wird selten gestellt. Das Ergebnis: Die meisten Firmenaccounts scheitern oder sind nach kurzer Zeit wieder offline, ohne zu hinterfragen, woran es lag.
Ich beschließe für mich, dass ich mehr über die junge Zielgruppe auf TikTok herausfinden möchte. Ich will verstehen, welche Themen sie interessieren, welcher Look funktioniert und wie man durch dieses Wissen Jugendlichen einen Mehrwert bieten kann, ohne langweilig und peinlich zu wirken. Ich lese vom R&D Fellowship auf LinkedIn und bewerbe mich mit der Idee, ein Nachrichtenformat für Jugendliche auf TikTok zu entwickeln.