Media Research & Development | 20.01.2021

Chatverlauf statt Kommentarspalte - wie Communitys davon profitieren

Die Entwicklung von Online-Communitys, die insbesondere durch COVID-19 beschleunigt wurde, bietet viele Möglichkeiten für Produzenten von Medieninhalten. Das Ziel dieses Projekts im Rahmen des Media Lab Bayern R&D -Stipendiums war es, die Möglichkeiten zu erforschen, wie man die gesellschaftlichen Chat-Normen zum Vorteil der Produzenten von Medieninhalten nutzen kann. Dabei führte mich meine Reise zu Fitness- und Wellnessanbietern. Hier besteht ein großer Bedarf an der Kommunikation mit der Community.

Die gesellschaftlichen Normen des digitalen "Chats" sind für viele zum zweiten Ich geworden. Aktuelle Statistiken zur Nutzung von Messaging-Apps zeigen, dass WhatsApp weltweit zwei Milliarden Nutzer hat, der  Facebook Messenger verzeichnet 1,3 Milliarden und WeChat liegt mit 1 Milliarde knapp dahinter. Allein auf WhatsApp werden täglich rund 100 Milliarden Nachrichten versendet.

Gleichzeitig haben sich die Beziehungen zwischen professionellem Content-Creatorn und ihrem Publikum immer weiter entfernt, werden über Plattformen von Drittanbietern vermittelt und bieten dem Publisher nur einen begrenzten Community-Wert. Dieses Projekt zielte darauf ab, diese Diskrepanz zu erforschen und die Macht von Chat-basierten Communitys zu nutzen, um Produzenten und Publikum näher zusammenzubringen.

Die hier getestete Hypothese war, dass durch das Ersetzen von Kommentarbereichen durch thematische Chat-Gruppen (auch als Squads bezeichnet) auf digitalen Nachrichten- und Inhaltsseiten eine engere Gemeinschaften zwischen Herausgebern und Lesern entsteht. Das zeigt sich durch mehr Engagement, direktere und wertvollere Beiträge und einer länger andauernden Kommunikation. Dies alles würde wiederum einen Mehrwert in Form von tieferen Einblicken in die Zielgruppe bringen, um die Relevanz und das Engagement im Laufe der Zeit zu verbessern.

Der erste Schritt zur Validierung der Hypothese bestand darin, mit Publishern von Nachrichten und digitalen Inhalten zu sprechen. Ziel war es zu verstehen, wie sie derzeit mit ihren Online-Communitys in Beziehung stehen, welche Aufgaben diese Aktivität erfüllt und ob dies durch andere Mittel verbessert werden könnte.

Problemstellungen

Die erste Gesprächsrunde förderte eine Reihe von Herausforderungen für die Verlage zutage. Die Teams für Publikumsentwicklung und Community-Management hatten gemeinsame Bereiche:

  • Die Verleger beschrieben den großen Prozentsatz an Kommentaren und sozialen Beiträgen als "spammig", "trolling", ohne Tiefgang und generell als Interaktionen von geringem Wert. Die Befragten sehnten sich nach sinnvollem Feedback, ohne die Community-Moderatorenteams mit irrelevantem "Lärm" zu belasten.
  • Die Diskussionen, die möglich waren, waren relativ eindimensional, was eine archaische Arbeitsweise in einem modernen digitalen Ökosystem darstellt.
  • Soziale Plattformen kurbelten zwar eine gute Reichweite und den Traffic an, aber untergruben die Beziehung zwischen Publisher und Nutzern, sowie können wenig Daten und Erkenntnisse erhoben werden.  

Die Publisher wünschen sich:

  • Social Listening: Tracken von Erwähnungen ihrer Marke, ihrer Konkurrenz, ihrer Produkte und aller anderen Begriffe und Themen, die für ihr Unternehmen relevant sind
  • Publikumsfeedback: hauptsächlich zu Korrekturzwecken
  • Bereitstellung von Möglichkeiten zur Personalisierung des zukünftigen Publikumserlebnis: Hauptsächlich in Bezug auf Inhalte

 

Im Anschluss an diese Interviews wurde einer Reihe von Befragten aus der ersten Interviewrunde eine Demolösung als "Wizard of Oz" präsentiert. Die Veranschaulichung des theoretischen Ansatzes einer eher chat-basierten konnte den Befragten das Potenzial des Ansatzes aufzeigen. Insbesondere wurde die gesteuerte Interaktion mit dem Publikum als positiv empfunden.

Chat-Verlauf

Die Mehrheit erkannte, dass der chat-basierte Ansatz ein Ausprobieren Wert ist, einge bekundeten bereits konkretes Interesse daran. Allerdings war es für viele schwer, konkrete Zusagen über eine Investition für Bezahlelemente innerhalb der chat-basierten Lösung zu treffen.

Um ein praktikables Geschäftsmodell zu verfolgen, wurde der Ansatz daher umgedreht. Die Fragestellung lautete nun: Welches potenzielle Kundensegment könnte von dieser Art von Ansatz profitieren, wird aber derzeit unterversorgt?

Beiläufige Gespräche mit einem bestehenden Netzwerk von Fitness- und Wellness-Enthusiasten ergaben, dass dieser große (und weiter wachsende) Sektor aufgrund von COVID-19 eine rasante Digitalisierung erfährt. Hier besteht eine große Nachfrage, und es gibt aktuell keine befriedigende Lösungsansätze. Die Bedürfnisse dieses aufstrebenden Sektors von Content-Erstellern (Video-On-Demand, Live-Videos, Events, etc.) teilten die meisten Problembereiche, sind aber in Bezug auf nachhaltige Business-Community-Building-Tools stark unterversorgt. Dies wurde durch die Durchführung ähnlicher Interviews wie zuvor erwähnt mit Coaches in diesem Bereich validiert.

Newsletter

Alles, was ihr zu Startups und Medieninnovation wissen müsst, gibts regelmäßig in unserem Newsletter!

Abonnieren