Nutzerverständnis zur brauchbaren Idee
Bis zu dieser Annahme waren schon zwei meiner vorherigen Hypothesen über neue Storytellingansätze im Wissenschaftsjournalismus am Realitätstest gescheitert. Realitätstest hieß in der ersten Phase einer Ideenfindung: Die Bedürfnisse der User besser zu verstehen. Das Mittel der Wahl waren Interviews. Wegen der Corona-Beschränkungen habe ich die Teilnehmenden in Zoom getroffen.
Zunächst habe ich Menschen zum Erzählen animiert, die sich als Liebhaber von Wissenschaftsjournalismus und zugleich als Smart-Home-Nutzer oder Fans des Internet of Things (IoT) geoutet hatten. Vor meinem inneren Auge sah ich sie schon abends im Lümmelsessel ihre persönliche, tägliche Kohlendioxid-Bilanz abrufen, um hinterher interessiert die neuesten Nachrichten über den Klimawandel zu lesen. Schon nach wenigen Gesprächen war klar: So einfach läuft das nicht mit der smarten Animation für Wissenschaftsthemen.
Immerhin, die Interviews erbrachten einige Insights: Erkenntnisse darüber, wie Nutzer ticken, auf die man als Ideenentwickler*in aus der eigenen, beschränkten Perspektive heraus nicht kommt.
Unter anderem kam heraus, dass Kinder für wissenschaftsinteressierte Eltern eine starke Motivation darstellen, sich z.B. beim Klimawandel auf den Laufenden zu halten. Mit solchen Erkenntnissen habe ich mich weitergehangelt und eine neue Hypothese entwickelt: Sie kreiste um Maker und ihre Kinder als Zielgruppe.
Maker sind Menschen, die sich ihre Technikträume selbst erfüllen, indem sie ihre Wunschteile selber bauen. IoT und Smart Home? Damit haben fast alle Maker Erfahrung. Und die Eltern unter ihnen, mit denen ich gesprochen hatte, waren auch alle schon mit ihren Kindern experimentell aktiv. Meine Idee war daher: Diese Leute müssen doch Spaß daran haben, mit ihren Kindern zusammen tiefer in die Welt der Wissenschaft einzutauchen.
Ich bastelte einen ersten sogenannte Pretotype: Ich machte ein paar Fotos von einem „Baukasten“, an dem die Maker mit ihrem Nachwuchs werkeln sollten. „Baukasten“ in Anführungszeichen, denn den Experimentierkasten gibt es nicht. Ich habe ihn mit ein paar echten Gegenständen und Bildausrissen zusammengestückelt und abfotografiert. Die Ernüchterung kam schnell: „Das würde ich nie kaufen“, sagten 3 von 3 befragten Usern.
Das war der schlimmste Moment in diesem Fellowship, von dem ich eingangs gesprochen hatte. Dieses zweite Experiment habe ich an dieser Stelle vorzeitig beendet. Denn glücklicherweise hatten mit die Interviewpartner eine neue Idee geschenkt: 2 von 3 sagten: „Ich würde das nie kaufen, aber ich weiß, wer genau so etwas haben will.“